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Dear Life. Hello.

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Bunte Smarties und Geburtstagsgrautöne

2/15/2017

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An meinem letzten Geburtstag erkannte ich, dass der Februar der grauenvollste Monat im Jahr ist. Im März geht es dann schon wieder bergauf. Eine Ahnung von Frühling liegt in der Luft. Die Tage werden endlich merklich länger und die Krokusse brechen durch. April, da reicht manchmal schon nur ein T-Shirt. Außerdem ist Ostern. Und im Mai darf man dann barfuß gehen. Juni, Juli, August – eh klar – super. Viel Licht, Sonne und Eiiiiiis. September, Wander- und Hochzeitswetter. Oktober, nicht zu heiß, nicht zu kalt, nicht zu hell, nicht zu dunkel. Und Novembernebel ist überhaupt mein Liebling. Alles milchig draußen und Kakao in der Tasse. Dann Advent und Weihnachten – juhu. Und im Jänner schwebt man noch so im Neujahrszauber dahin und freut sich über Schneeflocken. Und dann kommt der Februar. Ganz leise. Unscheinbar. Tut so unschuldig mit seinen 28, 29 Tagen. Aber von wegen. Nasskalt alles immer. Nass und kalt. Und in Wien obendrauf auch noch eisige Wienzeilenwinde. Und einfach zu lange schon grau in grau und düster. Aber auch nicht mehr so düster, dass es cool ist, wie im November. Sondern düster auf uncool. Das heißt dann öd. Weil alle schon an Vitamin D-Mangel leiden und keiner mehr Lust hat auf Kakao und Kürbissuppe und Badewanne und Ofen heizen und keine Geduld mehr mit Düster. Oder mit Stadtschnee, der Gatsch, der Graue, der Schiache – geh, bitte gorsche! Und dann noch Fasching, verkleidetes Oktoberfest, zelebriertes Massenbesäufnis. Pfui! Auch beim Anblick des kulinarischen Beitrags des Februars stellt es mir alle Härchen auf. Für mich ist das Gefühl beim Biss in einen Faschingskrapfen etwa vergleichbar mit dem, wenn Fingernägel über eine Tafel fahren. Zitronengesicht. Februar!! Und mitten drin, am fünfzehnten Tag des Monats, da liegt mein Geburtstag. Geboren in der Valentinsnacht. An einem Tag, der mir als Kind der allerbeste Tag schien, um Geburtstag zu haben. Als Kind war der Februar nämlich anders. Als Kind sah ich nur Schnee zum Rodeln und bunte Dekorationen in den Geschäften und der Schule. Faschingsumzugschlaraffenland. Da schmissen die doch glatt haufenweise Zuckerl von vorüberziehenden Wagen herab! Unglaublich für mich, die sowas  wie eine Süßigkeitenlade nur von der Nachbarin kannte. Nur im Februar drehte ich mich im Zuckerlregen und klaubte von der Straße und stopfte meine Taschen voll. Ich bastelte bunte Einladungen, suchte mir das tollste Kostüm, tobte gemeinsam mit all meinen Freundinnen bunt bemalt durchs bunt behängte Haus und aß mit bunten Smarties verzierten Geburtstagskuchen. Heaven.
     2016 – not so much. Kein Zuckerlregen. Keine Geschenke. Keine Kerzen. Kein Herumtobten mit Freundinnen. Niemand hatte Zeit für Geburtstag. Und sogar mein bester Freund war krank. Nichts war bunt. Rodeln war ich auch nicht. Ist ja nicht so wichtig. Dachte ich. Aber dann hab ich doch geweint. So traurig wollte ich nie wieder einen Geburtstag verbringen und bangte dem heurigen schon mit etwas Sorge entgegen. Dieses Jahr fiel der Fünfzehnte auch noch auf einen Mittwoch. Ein Mittwoch! Von Haus aus schon einer der langweiligsten Tage der Woche. Wieder versuchte ich mir zu sagen, es sei ja nicht so wichtig. Warum dem Geburtstag so viel Bedeutung beimessen? Warum überhaupt Geburtstag feiern – den Tag, an dem man wieder ein Jahr älter und somit ein Jahr faltiger und  klappriger wird und dem Tod statistisch gesehen ein großes Stück näher rückt? Aber ich kann das nicht. Sowas kann ich mir nicht einreden. So eine umbunte Lebenshaltung macht mich ganz schwindelig. Es ist doch mein G E B U R T S T A G!! Feier zum Tag meiner Geburt, dem Tag, an dem für mich hier auf dieser Welt alles begann. Somit ist es der Tag, an dem ich mein Leben ehre und dankbar dafür bin. Also ein bisschen Glamour, wenn ich bitten darf!
     Und dieses Jahr, im öden Februar, in der Mitte des Monats, in der Mitte der Woche, da hab ich mich tatsächlich glamourös gefühlt. So, als hätte ich ein Krönchen auf dem Haupt. Es begann schon beim Aufwachen, als ich erstaunt feststellte, dass die Sonne schien und überraschend und zum ersten Mal in diesem Jahr,  Frühling in der Luft lag.  So muss das wohl damals gewesen sein, als meine Mama zum Fenster des Entbindungsheims hinaus auf die ersten Schneeglöckchen geschaut und sich über mich und das Leben gefreut hat. Das hat sie oft erzählt. Dass da schon die ersten Vorboten des Frühlings zu sehen waren und die Sonne schien. Jetzt freute ich mich eben genau so über das abrupte Ende der Kälte und der Öde. Ich rief sofort ganz laut Alles Gute zum Geburtstag, Juli! und sprang aus dem Bett. Ich machte alles genau so, wie ich es mir wünschte: Geburtstagskuchen backen, fotografieren, Freunde treffen, schreiben und abends ins „Motto am Fluss“. Ich wurde eingeladen und bekam sogar eine dieser Sprühkerzen im schokoladigen Dessert,  die normalerweise immer an meinem Tisch vorüberwandern. Diesmal war tatsächlich ich die Besprühte! Als ich endlich glückselig erschöpft ins Bett sank, empfand ich mich als reich beschenkten und viel geliebten Menschen. So viele Leute hatten an mich gedacht und mir gratuliert, mir Glückwünsche aus Mexiko und ein Parfum aus Frankreich geschickt, mir Blumen und Kinokarten gebracht. Sogar Hermann, mein Lieblingsstraßenkehrer, hatte seine staubigen Arbeitshandschuhe ausgezogen, um mir die Hand zu schütteln und alles Gute zu wünschen, höflich erstaunt darüber, wie alt ich denn schon war.
      Einen Tag lang im Jahr 2017 hatte sich meine kleine Welt um mich gedreht, als gäbe es nichts anderes, und mir gezeigt, dass sie sich mit mir und über mich freute. Und das im Februar!
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    Julia Koch

    Schauspielerin.
    Schreibende.
    ​In Wien.
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