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Dear Life. Hello.

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Dankbarkeitsattacke

11/26/2016

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Sie überfällt mich immer wieder, die Dankbarkeit. Oft in Momenten, in denen ich nicht damit rechne. Und es sind meist Kleinigkeiten, die so eine Attacke auslösen. Der erste Atemzug in frischer Herbstluft am Land, wenn ich nach stundenlanger Fahrt aus dem Bus aussteige zum Beispiel. Oder wenn ein Fremder in der U-Bahn lächelt, fast zufällig in meine Richtung und wir uns für einen Moment treffen und verstehen, bevor sich die Wege ebenso leicht wieder trennen, wie sie sich getroffen haben. Momente, die ein Wohligkeitsgefühl in mir hervorrufen können und mich in einen Zustand leichter Kribbeligkeit versetzen, ein bißchen so, als hätte ich Kohlensäure im Blut. Es ist ein Zustand tiefer Zufriedenheit und satter Dankbarkeit dem Leben gegenüber. Dankbar dafür, dass es ist wie es ist. Dankbar dafür, dass ich bin wer ich bin. Dankbar dafür, in diesem Moment zu sein, umgeben von all den anderen Momenten.
     
Letztes Wochenende hatte ich Gäste. Freunde, die ein paar Nächte blieben und sich von mir bekochen ließen. Ich verbrachte die Tage größtenteils in der Küche, eingehüllt in die Gerüche von Apfelkuchen, Kokoshuhn im Römertopf, frisch gebackenem Fladenbrot und Frühstücks-Zimtschnecken. Und wenn ich nicht grade zwischen Ofen, Backrohr und Herd hin- und hersprang, saß ich mit den anderen am Tisch und aß und trank, lachte und redete, bis ich heiser wurde. Ich fühlte mich angekommen. Stimmig in meine Umgebung eingebettet wie ein Farbklecks in Monets Sonnenaufgängen. Und unendlich dankbar.
     
Die Frage ist, warum ich mich nicht immer so fühle. Und was diese Tage von jenen, die ich hinter einer Glasscheibe verbringe, trennt. Oft ist von außen betrachtet, wenn man sich die Umstände dieser Tage ansieht, kein großer Unterschied erkennbar. Das Dankbarkeitsgefühl entsteht unabhängig davon, ob ich alleine oder in Gesellschaft bin. Unabhängig davon, ob ich arbeite oder planlos durch die Stadt ziehe. Und unabhängig davon,  wieviel Geld ich am Konto habe oder wieviele Kilos ich auf die Waage bringe. Es hängt also an der Sichtweise. Weiß man ja eigentlich. Aber was bedeutet das? Wie mach ich das? Ich halte mich für eine Person, deren Optimismus beharrlicher ist als ein spanischer Bulle. Ich bleibe stur beim halbvollen Glas. Aber Optimismus alleine scheint nicht zu genügen, um sich kontinuierlich wohlig, zufrieden und dankbar zu fühlen. Es reicht nicht immer, meine Mantras und in Tagebüchern notierten Erkenntnisse und Weisheiten wachzurufen. Auch Sport, Sex und Schokolade motivieren nicht verlässlich genug Endorphine für das ewige Glück. Ich komme also zum Schluß, dass es kein kontinuierliches Dankbarkeits- und Zufriedenheitsgefühl gibt. Dass es immer ein Auf und ein Ab sein wird und die Aufgabe darin besteht, diesen Berg- und Talweg eben möglichst gut zu meistern und nicht aufzuhören, daran zu arbeiten - an meiner Sichtweise auf die Dinge, die das Leben mir serviert. Indem ich nicht aufhöre, das zu tun, was ich bereits für mich entdeckt habe, und vor allem indem ich wachsam bleibe und immer auch nach Neuem suche, um nicht einzurosten. Nach neuen Denkanstössen, nach neuen Einflüssen.
     Und genau das ist es, was das Wochenende am Land mit meinen Freunden war. Zwar alte Freunde, aber neue Ideen. Denn die Mischung unserer Gedanken bringt jedesmal ein bißchen ein neues Ergebnis. Und nachdem die Drei wieder abgefahren waren, fühlte ich mich selbst ein bißchen neu. Voller Inspiration, die so viel Antrieb gab - genug um davon mindestens bis zum nächsten Treffen zehren zu können und mich unendlich dankbar zu fühlen. Dafür, dass es ist wie es ist. Und ganz besonders dankbar für den Luxus der Freundschaft.
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    Julia Koch

    Schauspielerin.
    Schreibende.
    ​In Wien.
    ​

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