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Dear Life. Hello.

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Das Leben so stur

10/11/2016

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Die Anderen wirken immer vollständiger. Deren Leben ist wie es ist und gut so. Meines ist wie es ist und manchmal gut so. Aber manchmal wünsche ich mir alles anders. Und das finde ich in Ordnung. Das Leben ist eben keine gerade Linie. Was ich allerdings bedenklich finde, ist eine chronische Unzufriedenheit. So eine, die man nicht bewusst wahrnimmt. Eine, die sich unbemerkt groß frisst und als Normalzustand einschleicht. Kein plötzlicher Schicksalsschlag, kein Notzustand, keine unerhörte Ungerechtigkeit des Lebens. Nichts dergleichen. Nur so ein latentes Ziehen in der Brust der alleinsteheden Frau in mir, eine kleine Sehnsucht nach etwas Unbestimmtem (oder auch nach etwas sehr Bestimmtem). Eine leicht bewölkte Stimmung, die ich nicht wirklich zuordnen kann - möglichweise die Stimme in mir, die mir immer sagt, ich bin nicht schön genug, nicht schlank genug und auch keine Siebzehn mehr. Und diese Stimme, ungehört, liegt als dünne Wolkenschicht über meinem Gemüt und beeinflusst, ganz ohne Aufsehen zu erregen, mein Lebensgefühl. Beispiele dergleichen gibt es noch viele. Und alle fallen sie in die Kategorie "latent chronisch" und machen eigentlich keinen großen Wirbel. Aber genau das ist das Gefährliche daran. So bleiben sie unentdeckt und überschatten meine Tage, einen nach dem anderen. Und ich bin nicht traurig (der Einsamkeit wegen) oder wütend (auf gesellschaftliche Normen, denen ich glaube entsprechen zu müssen), sondern einfach nur ein bisschen bäh. Summieren sich die Wolken am Gemütshimmel, kann das unter Umständen in einer fetten Krise münden. Schlimmstenfalls könnte man vielleicht sogar endgültig sehr trübe und bitter werden und die FPÖ wählen. Soweit ist es mit mir noch nicht. Anfang des Jahres allerdings, da habe ich einige Wochen (Monate?) nur grau gesehen. Es hat sich in mir das Gefühl breit gemacht, nichts zu haben und nichts zu sein. Mein sonst so resistenter Optimismus schwächelte bedenklich und ich meinte, diesen Zustand nicht mehr aushalten zu können. Ich entwickelte eine ganze Reihe an körperlichen Symptomen, die mich beschäftigt hielten und mir eine solche Angst einjagten, dass ich die Grauheit vorübergehend vergaß und mich ganz um Arztbesuche und Google-Recherchen betreffend diversen Rötungen, Kreislaufschwierigkeiten und Herzrasen kümmern konnte. Mein Glück war, auf eine Ärztin zu treffen, die mir lange zuhörte, mich gründlich und ernsthaft untersuchte, zum Schluss kam, es bestehe kein Grund zur Sorge, Vitamin D verschrieb und mir riet, über mein Leben nachzudenken. Daraufhin ging ich nach Hause und begann zu schreiben. Was möchte ich vom Leben? Was bedeutet das konkret? Wie gehe ich vor? Ich bin nun mal eine Liestenliebhaberin, eine fanatische Pläneschmiederin. Ich bekomme dadurch einen gewissen Überblick, der wiederum für Ruhe in mir sorgt. Ähnlich dem Wohnungsputz, sorgt auch das Aufschreiben bei mir für Klarheit im Kopf. Seit ich schreiben gelernt habe, habe ich nicht mehr damit aufgehört. Tagebücher über Tagebücher, Postkarten, Mails und Liebesbriefe, Listen und Pläne. Und es funktionierte auch diesmal. Nicht plötzlich, nein. Langsam, Woche für Woche, wurde meine Stimmung etwas heller. Und ich bezweifle, dass die Besserung alleine dem Vitamin D zuzuschreiben ist. (Vorsorglich habe ich trotzem ein zweites Fläschchen im Schrank.)
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    Julia Koch

    Schauspielerin.
    Schreibende.
    ​In Wien.
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