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Dear Life. Hello.

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Dunkle Sehnsucht

12/31/2020

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Ist es der Vollmond oder bin ich selber schuld? Am Wechselbad der Gefühle? Nachts tanze ich zu Céus Klängen in Socken durch die Wohnung - den Kopf in den Wolken, das Herz weich und fluffig wie Zuckerwatte, und morgens werde ich von meinem eigenen Schluchzen geweckt. Bilderfetzen hängen noch schemenhaft ganz nah über meinem Gesicht. Mit der Zahnbürste im Mund fängt mein Spiegelbild meinen Blick. Ich wische ihr die Tränen von den Wangen. Wütend blickt sie jetzt in die Welt. Zornig. Zornig auf die vergangenen Tage, Wochen, das vergangene Jahr und seine Grobheit. Über dem Zuckerwatteherz im Spiegel die Narben sichtbar. Landkarte auf meinem Körper. Ich fahre mit dem Finger die Linien nach. Ist schon in Ordnung, sage ich ihr. Aber sie ist nicht gut im Verzeihen. Im Loslassen. Für das Loslassen fehlt uns beiden das Talent. Die Wärme des Kaffees beruhigt ein wenig. Aber mit dem letzten Schluck aus der Tasse ist der kleine Anflug von Mut auch schon wieder verschwunden und der Stuhl auf dem ich sitze, zieht an mir. Der Tisch, der Boden. Alles zieht an mir, wie das Meer, kurz bevor es sich aufbäumt und in einer mächtigen, dunklen Welle wieder nach vorne rollt, auf mich zu. Ich ducke mich, schließe fest die Augen und halte mir die Nase zu. Unter Wasser - die Welt entfernt sich - aus der Distanz grünlich gefärbt: meine Wege im Dickicht des Lebens wie die Linien der Narben. Staunen erfüllt mich, meine Brust, meinen Bauch, den Schoß. Lautlos schwebe ich durch das salzige Nass wieder nach oben, tauche auf und strande am Wohnzimmerteppich. Alle Viere von mir gestreckt. Erschöpft jetzt. Dankbar. Für alles. Dankbar dafür, dass ich fühle. Wer auch immer Schuld daran hat - der Mond, das Meer oder ich. Dankbar für meine Empfindsamkeit. Meine verrückte Verliebtheit. In das Große Ganze und in den Einzelnen. Hier liegt es, mein Talent. In der Leidenschaft. Und im Schmerz, der Hand in Hand mit ihr. Oh oh chéri, c’est étrange, mais c’est comme ça. Ich fühle nur. Fühle mich. Und heute Nacht werde ich wieder durch die Wohnung tanzen und meine Sehnsucht in die Dunkelheit hinaus schleudern. Dem Mond, den Sternen und dem neuen Jahr entgegen.
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    Julia Koch

    Schauspielerin.
    Schreibende.
    ​In Wien.
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