L.
  • Blog
  • Prolog
  • Index

Dear Life. Hello.

Picture
Picture
Picture
Picture

Fünf bis sieben Ticks

2/9/2019

0 Comments

 
Picture
Die Mutter einer guten Freundin von mir pflegt zu sagen, jeder Mensch habe fünf bis sieben Ticks. Ich fand das immer lustig, habe aber erst in letzter Zeit bewusster meine eigenen Spleens wahrgenommen. Ich frage mich, warum man solche Dinge entwickelt. Die meisten davon sind ja wirklich herzzerreißend unsinnig.

1. Wenn ich auf der Straße unterwegs bin, scannen meine Augen nahezu automatisch die Nummernschilder der Autos und ich errechne im Vorbeigehen die Quersumme.
2. Entdecke ich ein Nummernschild oder eine Hausnummer etc., welche/s die Ziffern meines Geburtsdatums beinhalten, werte ich das als gutes Zeichen, obwohl ich weiß, dass mein Geburtsdatum 60% aller möglichen Ziffern liefert. Ich bin generell fürchterlich abergläubisch, und ich setze meine „Zeichen“ willkürlich. Trotzdem nehme ich sie ernst. Glücklicherweise sehe ich überall gute Zeichen. Nur die Vier hat mich einige Jahre lang verfolgt und mir Angst eingeflößt, bis ich (wie gesagt willkürlich!) beschlossen habe: diese Zeiten sind vorbei - die Vier verliert ihre bedrohliche Bedeutung! Machte das Sudokulösen angenehmer. Seither gibt es in meinem abergläubischen Deutungssystem keine einzige Ziffer oder Zahl mehr, die Düsteres ankündigen könnte. 
3. Somit bin ich also auch etwas verbissen optimistisch. 
4. Ich liebe Einkaufslisten. Mehr als das Einkaufen.
5. In der Küche werden meine Handgriffe von einem Drang nach Effizienz geführt. Ich plane in Sekundenbruchteilen, wann ich den Kühlschrank aufmache, was ich herausnehme, wie die nächste Vierteldrehung zur Besteckschublade stattfinden kann, bevor ich mich bücke um den Topf aus dem unteren Regal zu nehmen, hoch zur Milch, in den Topf, auf den Herd, Milch in Kühlschrank, Kühlschranktür wieder zu, Kurkuma aus der Lade, Reibeisen für Ingwer, am Weg Kokosöl aus Regal und in warme Milch, Ingwer schälen… usw. usf. Dabei passieren mir oft Fehler, weil ich nicht schnell genug in der Umsetzung meiner gefinkelten Schachzüge bin. Es kann also vorkommen, dass zwar alles ganz schnell und geschmeidig läuft, aber am Ende der Wasserhahn ohne ersichtlichen Zweck läuft. Das ärgert mich dann.
6. Ich schiebe es mitunter ein Jahr lang hinaus, die kaputte Leuchtröhre zu ersetzen, weil die doch sicher mehr kostet als eine normale Glühbirne und außerdem nicht einfach beim Spar, sondern nur im Elektrogeschäft erhältlich ist. In derselben Woche kaufe ich eine neue Matratze, die sich „Himmlische Wolke“ nennt - wohlgemerkt natürlich nicht beim Spar! - um deren Kosten ich in etwa siebenhundert Spezialglühbirnen kaufen hätte können. Dieses Prinzip zieht sich als roter Faden durch mein Kaufverhalten. (Zudem ist an der Ecke unten quasi neben dem Spar ein Elektrofachgeschäft.)
7. Entscheidungen zu treffen ist eine Angelegenheit der größten Herausforderung für mich. Ich analysiere, reflektiere, zerlege, selektiere und wäge und wiege immer so genau und so lange ab, bis Vor- und Nachteile vollkommen ausgeglichen sind und Handlung beinahe unmöglich macht.

So. Sieben verrückte Eigenheiten zu finden, war erstaunlich leicht und ging sehr rasch von der Hand. Deswegen höre ich jetzt einfach auf zu schreiben, bevor mir noch mehr davon einfallen. Im Überblick scheinen meine sieben gelisteten Ticks verwandt - alle haben (zumindest unter anderem) irgendwie mit Zahlen zu tun. Mit Rechnen und berechnen. Mit Wert und Bewertung. Mit Einordnen und Zeit. Lauter Dinge die der vermeintlichen Kontrolle (über das Leben) dienlich sein wollen. Somit hab ich mir wohl auch die anfängliche Frage nach dem Warum in etwa beantwortet. Doch nicht ganz unsinnig also, zumindest nicht unbegründet.
​
0 Comments



Leave a Reply.

    Julia Koch

    Schauspielerin.
    Schreibende.
    ​In Wien.
    ​

    RSS Feed

Proudly powered by Weebly
  • Blog
  • Prolog
  • Index