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Dear Life. Hello.

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Regen im Prater

6/3/2017

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Die letzten Tage war's heiß. Richtig sommerlich. Und ich hatte solche Lust auf Holundersaft. Also hab ich mich auf's Rad geschwungen und bin in den Prater gefahren. Hauptallee rauf gejoggt - mit einem Stoffsackerl in der Hand. Die Gerüche von Bärlauch und  blühendem Holunder wechselten sich ab. Ganz am Ende der Hauptallee dann, rund ums Lusthaus, habe ich mich durch die Büsche geschlagen und die Tasche mit Holunderdolden gefüllt. Mit hochrotem Kopf und total verschwitzt vom Laufen hab ich die Mücken glücklich gemacht. Am Rückweg hat mich dann der einsetzende Regen überrascht. Vorsommerregen - warme Luft und dicke Tropfen. Radfahrerinnen sind an mir Richtung Praterstern vorüber gezischt und Fußgänger mit Hunden und Kinderwägen haben sich unter Dachvorsprünge und dichte Blätterdächer zurückgezogen. Innerhalb von zwei Minuten war die zuvor noch sehr belebte Hauptallee leer. Auch ich habe mein Stoffsackerl unter einem Baum abgelegt und mich - immer noch erhitzt vom Laufen - in die Mitte einer Lichtung ins sattgrüne Gras. Gedanken umschwirrten mich wie eben noch die Mücken. Ich dachte an mein nasses T-Shirt und die anschließende Heimfahrt am Fahrrad. Ich dachte daran, dass das Holundersackerl alleine unter einem Baum lag und jederzeit entwendet werden könnte. Ich dachte an Zecken und daran, dass ich nicht geimpft war. Ich dachte an Spinnen, die möglicherweise über mich drüber und direkt in meinen Mund krabbeln wollten. Ich dachte daran, was die Leute wohl denken mussten, wenn sie mich da so liegen sahen im Regen - alle Viere von mir gestreckt. Vielleicht fragte sich jemand, ob ich wohl tot war. Vielleicht würde ja die Polizei kommen und mich vom Rasen verweisen… Dem Regen war das alles wurscht. Prasselte darnieder und durchnässte mich komplett. Und je länger es prasselte, umso ruhiger wurden ich, bis mir klar wurde, wie absurd die Situation war. Nicht die Tatsache, dass ich im Regen in der Wiese lag, sondern die Tatsache, dass das einen solchen Sturm an Gedanken und Sorgen in mir auslöste. Und - puff - endlich Ruhe. Ruhe! Und Gras links von mir, Gras rechts von mir, Gras unter mir. Wiegende Äste, durch deren nasse Blätter die Sonnenstrahlen funkelten. Regentropfen, die mich blinzeln ließen und: tatsächlich eine Spinne, die über meinen Arm krabbelte. Nicht in meinen Mund. Und sie war auch nur ganz klein. So klein, dass ich lachen musste.
 Man sollte öfter Holunderblüten pflücken gehen!
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    Julia Koch

    Schauspielerin.
    Schreibende.
    ​In Wien.
    ​

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