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Dear Life. Hello.

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Wiens Dienstboteneingänge

4/3/2017

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Wie macht man das als Schauspielerin, das mit dem Leben? Als nicht berühmte Schauspielerin?Als eine, die noch bekannt werden will. Wie macht man das erstens finanziell und zweitens was die Langeweile anbelangt? Wie schlägt man sich die Zeit um die Ohren, wenn man keine Drehs hat? Man kellnert, man putzt Wohnungen, man arbeitet in einer Videothek, hilft am Bau aus und passt auf anderer Leute Kinder auf. Man macht die Strudelshow in der Hofbackstube in Schönbrunn, bespricht Anrufbeantworter und hie und da macht man eine Werbung oder steht Modell bei Modeshootings. Man kennt also die Dienstboteneingänge in Wien. Außerdem hat man eine Mitbewohnerin, die das Kabinett vorübergehend bezieht. So geht sich das dann jeden Monat mit der Miete und den Fixkosten doch immer irgendwie aus. In der Freizeit übersetzt man besonders tolle Filmszenen aus fremdsprachigen Filmen ins Deutsche, um sie einzustudieren und sie den Babysitterkindern bei Gelegenheit vorzuspielen. Man muss ja üben. Man schreibt auch an eigenen Werken, die man bei diversen Stellen der Stadt und des Landes einreicht. Zwecks Förderungen für die eigene Hauptrolle.  In den meisten Studentenfilmen oder anderen No-Budget-Projekten, in die man regelmäßig involviert ist, kommt die schauspielerische Kompetenz ja nur bedingt ans Licht. Man kauft sich also eine eigene Kamera. Um unabhängig zu sein und selbst Fotos für die Website und Filmmaterial für E-Castings und zu Demozwecken auf diversen Internet-Plattformen für Filmschaffende erstellen zu können. Man beschäftigt sich mit der neuen Sony a6000, Photoshop, Finalcut und Lightroom. Alles selber. Selber machen. Man findet heraus, wie schwierig das ist und hat immer noch nicht mehr Material als vorher. Zumindest keines, das die schauspielerische Kompetenz besser abbildet. Aber man hat jetzt eine Kamera. Also erstellt man einen Blog. Da hat man dann auch genug zu tun. Mit dem Blog, dem Schreiben, den Studentenfilmen, den Fotoshootings, den Einreichungen, den Nebenjobs, den ehrenamtlichen Jobs, den Castings und dem Online-Präsenz-Kram. Also, Langeweile eigentlich kein Thema. Wenn, dann eher der Sinn. Man fragt sich, ob es denn Sinn macht, was man so tut. Und ob es Berechtigung hat. Und Wert. Grob geschätzt sind 80% der Wochentagsbeschäftigungen unbezahlt und machen dennoch den Großteil der Arbeit aus. Wert kommt in diesem Fall also nicht über Geld. Und auch nicht über Auszeichnungen, Preise, Beförderungen oder anderweitige Bestätigung von außen. Man muss sich also selber sagen: Gut so, Juli. Weiter so. Es gibt keine vorgefertigte Struktur, kein Baukastensystem einer Schauspielkarriere, das einem Tag für Tag und Jahr für Jahr aufzeigen könnte, was zu tun ist, wie es gemacht wird und was funktioniert. Das muss man sich alles selber ausdenken. Und selber versuchen. Man muss sich eben seinen eigenen Weg bahnen im Dschungel des Business. Und im Dschungel des Lebens. Und ich mach das eben so. So wie ich das  mache. Und ich mache das solange auf diese Art, bis ich nicht mehr mag. Das denk ich mir schon seit Jahren. Bis jetzt ist dieser Punkt noch nicht gekommen. Ich mag immer noch. Weiter so. Mir scheint, ich kann gar nicht anders. Inzwischen hab ich auch das Dilemma mit der Sinnfrage schon fast gelöst. Nicht, weil ich die Frage beantworten kann, sondern weil ich dankbar dafür bin, die Möglichkeit zu haben, diesen meinen Weg überhaupt gehen zu können. Und das genügt mir vorerst. Und Strudel machen kann ich jetzt ja auch.
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    Julia Koch

    Schauspielerin.
    Schreibende.
    ​In Wien.
    ​

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